Vegan on tour: Österreich
Mit dem Urlaub ist es als Veganer ja so eine Sache - zu Hause und im
Hamburger Alltag stellt es glücklicherweise keine Herausforderung dar, sich
vegan zu ernähren und ich habe sehr selten das Gefühl, auf etwas verzichten zu
müssen. Auf Reisen wird es manchmal schon komplizierter, sei es in ländlichen
Gebieten, in denen eine vegane Ernährung noch als exotisch betrachtet wird (wie
oft ich hier schon die kreative Wortschöpfung „veganisch“ gehört habe!) oder im
Ausland, wo es auch aufgrund von Sprachbarrieren (allerdings anders geartet als
in der deutschsprachigen Provinz) manchmal schwierig ist, etwas Essbares
aufzutreiben, was nicht nur den Magen sondern auch die Zunge erfreut. Meistens
verbringe ich den Urlaub in einer Unterkunft mit Kochmöglichkeit, weil ich auch
gerne stundenlang fremde Supermärkte nach mir noch unbekannten Zutaten
durchforste. Bei unser Österreich-Reise vor einigen Monaten haben wir uns aber bewusst für Hotels entschieden.
Zufällig bin ich im Internet über eine Pension der „Loving Hut“-
Restaurantkette gestolpert, die sich in Südkärnten befindet. Ich bin ein
riesiger Fan der Loving Hut-Restaurants, auch wenn die Atmosphäre mir teilweise
etwas zu esoterisch ist – die Aura der Meisterin der Meditationsgruppe, die die
Kette ins Leben gerufen hat, ist doch sehr präsent. Aber das hervorragende
Essen macht das mehr als wett, ich bin bei jedem Besuch von Neuem begeistert.
Die Speisekarte ist mit viel Seitan und Tofu relativ Fleisch-Imitations-lastig,
was ich aber ab und an sehr schätze.
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"Fisch"-Filet mit Dillsauce in der Living-Hut-Pension |


Günstig war der Aufenthalt außerdem, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte absolut und wir fühlten uns trotz der zunächst gewöhnungsbedürftigen hippiesken Atmosphäre sehr wohl. Die direkte Umgebung ist leider sehr touristisch, dank der momentanen Vorsaison hielt sich der Trubel allerdings noch in erträglichen Grenzen und innerhalb weniger Gehminuten entkam man der gewöhnungsbedürftigen 70er-Jahre-Hotelbebauung und fand sich in wunderschöner Natur wieder. Nach diesem traumhaften Aufenthalt waren unsere Erwartungen ans Hotel Alpendorf, das deutlich teurer ist, entsprechend hoch. Das Hotel ist nicht rein vegan, bietet aber wie gesagt in regelmäßigen Abständen „Vegane Vitalwochen“ an. Da rein vegane Unterkünfte momentan leider noch spärlich gesät sind, gehe ich in dieser Hinsicht manchmal Kompromisse ein in der (vielleicht naiven) Hoffnung, mit meinem Geld vor allem den weiteren Ausbau des veganen Angebots zu fördern. Leider ist die mangelnde Erfahrung der „konventionellen“ Köche mit veganer Küche oft doch spür- bzw. schmeckbar. Wir hatten die sogenannte ¾-Pension gebucht: Frühstück, Nachmittagsjause und ein allabendliches 5-Gänge-Menü. Laut Website sollten Frühstücks- und Nachmittagsbuffet vegane Optionen bieten. Leider stellte sich heraus, dass uns in beiden Fällen eine „Extrawurst“ serviert wurde: Zum Frühstück bekamen wir eine Auswahl verschiedener Aufstriche, Käse, Joghurt und Ähnlichem serviert. Zunächst bot unser „Turm“ einen
fulminanten Anblick – bei näherer Betrachtung entpuppte er sich aber eher als Niete: Der selbe Fertigpudding serviert in zwei unterschiedlichen Gefäßen, trockene Reiswaffeln und Berge von Erdnussbutter erfreuen (zumindest mein) Veganerherz nicht wirklich. Das Nachmittagsbuffet bestand vor allem aus Wurst, Käse, Wurstsalat und (natürlich nicht veganem) Kuchen. Auf Nachfrage konnte man ein veganes Gericht bestellen, Auswahl gab es nicht. Wir wurden am ersten Tag mit Ravioli mit Tomatensauce, am zweiten Tag mit Spaghetti mit Tomatensauce verköstigt – die dritte sogenannte Jause haben wir uns lieber erspart. Und auch das Abend-Menü konnte unsere kulinarische Talfahrt nicht bremsen: Serviert wurden uninspirierte, fade Gerichte à la Kochbuch „Vegetarisch Kochen für Einsteiger“ aus den 80er-Jahren: Gefüllte Tomate mit Reis, Couscoussalat (bestehend aus verklumptem, ungewürztem Instant-Couscous und einigen rohen
Gemüsestücken, garniert mit einem traurigen Salatblatt) Gemüsepfanne mit Reis (mein Reisbedarf für die nächsten Monate ist auf jeden Fall gedeckt) und die traurige Krönung: Ein Milkshake, bestehend aus Sojamilch und Erdbeere, als Dessert. Mir als Dessertfan kamen bei dem Anblick fast die Tränen und noch nie habe ich so neidisch auf die nicht-veganen Alternativen der anderen Gäste geschielt! Einige gute Ansätze waren zu erkennen, zum Beispiel ein Avocado-Schoko-Mousse oder ein feines Zuckerschotensüppchen. Insgesamt war der Kontrast, was Raffinesse und Hochwertigkeit der Zutaten anging, im Vergleich zum nicht-veganen Angebot aber leider doch mehr als subtil, was mich angesichts der Tatsache, dass wir denselben Preis wie die „Normalesser“ bezahlten, doch sehr geärgert hat. Dazu kamen Kleinigkeiten wie das fehlende Zutatenwissen der Mitarbeiter oder nicht-vegane Betthupferl im Zimmer – wenn ich explizit eine vegane Reise buche, erwarte ich von einem 4*-Hotel doch etwas mehr. Hätte es sich um spontane Improvisation des Hotels angesichts unerwarteter veganer Gäste gehandelt wäre das Angebot entschuldbar gewesen, aber nicht vor dem Hintergrund, dass es sich um einen als beworbene „Vegane Vitalwochen“ handelte. Dank der meditativen Stimmung, in die uns der vorherige Aufenthalt in der Loving Hut-Pension versetzt hat, gelang es uns immerhin halbwegs, uns statt der kulinarischen Verfehlungen auf den grandiosen Ausblick aus unserer Suite und die traumhafte Umgebung zu konzentrieren.
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